BLICK NACH VORN!

Mit dem Anspruch, eine Lobby für kommunale Probleme zu schaffen, ziehen die Freien Wähler Thüringen in die bevorstehenden Wahlkämpfe. Auf einer Mitgliederversammlung in Erfurt bekräftigten sie ihr Vorhaben, als eigenständige Partei in den nächsten Thüringer Landtag einzuziehen.

05.03.2024: „Wir wollen in den Thüringer Landtag!“ Die von Vorstandsmitglied Silvio Pahlke auf der Mitgliederversammlung der Freien Wähler Thüringen am 2. März 2024 im Kressepark Erfurt in einer kurzen Begrüßungsansprache ausgegebene Devise fand die ausdrückliche Zustimmung aller Anwesenden.

Ab sofort, erklärte Parteichef Mathias Nicolai, richte man den Blick ausschließlich nach vorn. Er spielte auf das zurückliegende und für die Partei turbulente Jahr an. Diskussionen und Gedankenspiele über eine Zusammenarbeit oder sogar das Verschmelzen mit anderen kleinen Parteien hätten zu Irritationen an der Basis sowie Spekulationen und Fehlinterpretationen in den Medien geführt.

Jetzt komme es darauf an, stellte Mathias Nicolai fest, Strukturen weiterzuentwickeln und in Regionen, wo dies noch nicht geschehen sei, Kreisorganisationen zu gründen. Da sich für die vielen, vor allem ehrenamtlichen Amtsträger der Freien Wähler in den Städten, Gemeinden, Kreisen zumeist Probleme nicht auf kommunaler Ebene entscheiden lassen, sei es wichtig, dass die Themen der Freien Wähler vor Ort auf Landes-, Bundes- oder europäischer Ebene diskutiert und Lösungen zugeführt werden. Es gehe darum, endlich eine Lobby für die kommunalen Probleme zu schaffen. Deshalb werden die Freien Wähler auch als Partei unbedingt im Thüringer Landtag gebraucht. Gesichter der an der Basis zahlreich wirkenden Freien Wähler seien wichtiger als Parolen. Es gelte, mit glaubwürdigen Persönlichkeiten und mit konkreten Zielen nah an den Menschen Politik zu gestalten.

Bei den noch vor der Landtagswahl anstehenden Kommunalwahlen streben die Freien Wähler an, die bisherigen Ergebnisse zu bestätigen und ihre Präsenz in den Parlamenten weiter auszubauen.

Mathias Nicolai kündigte an, dass sich die Partei künftig, intensiver, professioneller und vernetzter in den neuen Medien präsentieren werde.

Als die Diskussion darauf kam, ob es wirklich realistisch und für die Demokratie förderlich sei, dass sich die Freien Wähler für Volksentscheide einsetzen, um so gegebenenfalls auch die Auflösung des Landtages erwirken zu können, sagte Mathias Nicolai, dass es in jedem Fall lohne, sich für eine Stärkung der direkten Demokratie und für mehr Beteiligung der Bürger an demokratischen Prozessen zu engagieren. Er verwies darauf, dass ausgerechnet in Thüringen eine Minderheitsregierung mit dem Versprechen angetreten war, Neuwahlen auf den Weg zu bringen. Aus Bequemlichkeit und Machtversessenheit habe man das Versprochene gebrochen und zum Schaden für das Land lieber konsequent Stillstand verwaltet. Insofern sollte das Prinzip gelten: Wer wählen darf, muss auch abwählen können.

Wichtige Forderungen der Freien Wähler Thüringen seien darüber hinaus, den Landtag und die Landesverwaltung zu verschlanken, die praktizierte Vetternwirtschaft zu beenden, indem Personalentscheidungen in Thüringer Verwaltungen nicht nach Parteibuch, sondern nach Bestenauswahl getroffen werden, sowie Bildung neu zu denken.

Auf Beständigkeit in der künftigen Besetzung und Kontinuität im Wirken des Landesvorstandes setzen die Jungen Freien Wähler Thüringen. Dies erklärte deren Landesvorsitzender David Wiedemann, der als Mitglied des Präsidiums die Versammlung mit leitete. Er stellte den neuen Flyer „WHAT`S YOUR STORY?“ seiner Jugendorganisation vor. Den Jungen Freien Wählern Thüringen gehe es darum, den Problemen und Ideen junger Menschen Gehör zu verschaffen, ihre Projekte und ihren Einsatz vor Ort, ob auf dem Dorf oder in der Stadt, zu unterstützen. Das Ziel bestehe laut David Wiedemann darin, weitere Ortsvereinigungen zu bilden, sich zu vernetzen, um flächendeckend im Freistaat agieren zu können.   

Eine endgültige Verabschiedung des vorliegenden Landeswahlprogrammvorschlags wurde verschoben. Der bisherige Programmentwurf wird nochmals allen Mitgliedern für Änderungsvorschläge zur Diskussion gestellt, um danach umfangreich und endgültig diskutiert werden zu können. Die Versammelten waren sich einig: Dadurch sei zwar noch jede Menge Arbeit zu bewältigen, aber so würden Basisnähe gelebt und konkrete Problemlösungen ermöglicht.

Bei den Nachwahlen für den Landesvorstand wurde der Ilmenauer Mathias Nicolai zum Landesvorsitzenden gewählt. Die neuen Stellvertreter neben Georg Bräutigam (Arnstadt) und Andreas Weise (Ilmtal-Weinstraße) sind Jörg Schuster (Buttstädt), Anne-Kathrin Westhäuser (Ehrenberg) und Michael Schneider (Markvippach). Neuer Beisitzer ist Robin Lützelberger (Schleusingen). Das 15-köpfige Team komplettieren der Landesschatzmeister Detlef Pappe (Heldburg), die Schriftführerin Gabriele Ratzer (Braunichswalde) sowie die weiteren Beisitzer Silvio Pahlke (Geratal), Cornelia Schmidt (Arnstadt), Dirk Barthels (Straußfurt), Leonie Rother (Weida), Andreas Böhme (Amt Creuzburg) und Michael Schüler (Schmalkalden).

Corina Engelhardt aus der Landgemeinde Stadt Bad Sulza, die als Gast an der Mitgliederversammlung teilgenommen hatte, erklärte noch an Ort und Stelle, bei den Freien Wählern als Mitglied einzutreten. Die hier erlebte offene und konstruktive Atmosphäre sei für solche Veranstaltungen nicht selbstverständlich und das habe für sie den Ausschlag gegeben.

Klarstellung

Der MDR Thüringen diffamiert die Freien Wähler Thüringen: Wurde nur einfach schlecht recherchiert oder bewusst die Unwahrheit von Kommentator Lars Sänger verbreitet?

29.02.2024: Am 23. Februar 2024 erklärte der Moderator unter mdr.de seine Meinung in Sachen Werteunion und konstruierte ein Horrorszenario für die Zeit nach der Landtagswahl in Thüringen. Demnach könnte eine für ihn denkbare Fraktion der Werteunion das Zünglein an der Waage sein, für den Fall, dass die AfD eine absolute Mehrheit nur knapp verpassen würde. Sänger spielt darauf an, dass die Werteunion der AfD dann zu einer Regierungsmehrheit verhelfen könne. „Je nachdem, wie die Mehrheitsverhältnisse ausfallen, könnte es dann tatsächlich zu einer mehrheitlich rechten und in Teilen rechtsextremen Landesregierung unter einem Ministerpräsidenten Björn Höcke reichen.“
In diesem Zusammenhang stellt der Kommentator des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Thüringen die Unwahrheit dar: „Wenn die Werteunion das Rennen gegen die Zeit gewinnt und alle Fristen erfüllt, könnte sie ihre Liste für Kandidaten anderer Parteien öffnen. Mit den Bürgern für Thüringen und den Freien Wählern ist die WU im Gespräch über eine gemeinsame Liste bei den Landtagswahlen.“
Der Landesvorstand der Freien Wähler Thüringen wendet sich entschieden gegen eine derartige Falschbehauptung und üble Nachrede: „Die Freien Wähler Thüringen haben wiederholt und mehrfach mitgeteilt, dass sie bei den in diesem Jahr anstehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen als eigenständige Partei antreten werden. Dies wurde in auch dem MDR Thüringen zur Verfügung gestellten Pressemitteilungen vom 14. September sowie 25. Oktober 2023 eindeutig kommuniziert und auch über die offiziellen Social Media-Kanäle der Freien Wähler Thüringen verbreitet. Darin wurde etwaigen Fehlinterpretationen und Spekulationen, wonach die Freien Wähler Thüringen gemeinsam mit anderen Kleinparteien und Gruppierungen auf oder für eine gemeinsame Liste antreten würden, widersprochen. Außerdem wurde festgestellt: Wer dieses Vorhaben unter dem Deckmantel des guten Namens Freie Wähler Thüringen betreibt, hat bei uns nichts zu suchen.
Die Freien Wähler Thüringen vertreten zahlreiche, vor allem ehrenamtliche Amtsträger in den Städten, Gemeinden, Kreisen unseres Freistaates. Die Partei tritt vor allem zur Landtagswahl an, um im Interesse dieser ehrenamtlich Tätigen endlich eine Lobby für die kommunalen Probleme zu schaffen. Die Freien Wähler sind schon allein aus ihrer Basisnähe heraus fest in der Mitte der Gesellschaft verankert. Indem der MDR-Kommentator die Freien Wähler Thüringen aus Unkenntnis oder vorsätzlich in eine rechtsextreme Ecke stellt, erweist er der Demokratie einen Bärendienst. Der gebührenfinanzierte Rundfunk sollte der Wahrheit verpflichtet berichten. Wer über die Freien Wähler Thüringen sachlich und wahrheitsgetreu kommentieren möchte, kann sich jederzeit über konkrete Vorhaben und Inhalte der Partei informieren. Auch stehen Repräsentanten der Freien Wähler Thüringen für Rückfragen oder Erklärung von Sachverhalten zur Verfügung. Im Übrigen hat der jüngste Bundesparteitag der Freien Wähler in Bitburg eine Kooperation mit der AfD ausgeschlossen. Diesem Beschluss fühlen sich auch die Freien Wähler Thüringen verpflichtet.“

„Vorstellungen entbehren jeglicher Grundlage“ 

Die Freien Wähler Thüringen distanzieren sich von Aktivitäten um ein geplantes Parteienbündnis im Freistaat. Parteichef Mathias Nicolai erklärt den tatsächlichen Sachverhalt und das eigentliche politische Ziel: Eine Lobby für kommunale Probleme zu schaffen.

25.10.2023: Die Freien Wähler Thüringen stehen für Dialog und Zusammenarbeit. Auch über Parteigrenzen hinweg. Das stellt der kommissarische Landesvorsitzende Mathias Nicolai fest und verweist auf den parteilosen Kandidaten Andre Lange für die Landratswahlen 2024 im Ilm-Kreis. Die Bobsportlegende werde dort sowohl von den Freien Wählern Thüringen als auch von der FDP und CDU gemeinsam unterstützt.

Grundsätzlich, macht Mathias Nicolai klar, werden die Freien Wähler Thüringen aber im nächsten Jahr als eigenständige Partei bei den dann anstehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen antreten. Er widerspricht damit Fehlinterpretationen und Spekulationen, wonach die Freien Wähler Thüringen gemeinsam mit anderen Kleinparteien und Gruppierungen auf oder für eine gemeinsame Liste antreten würden: „Derartige Vorstellungen entbehren jeglicher Grundlage.“ 

Zwar habe es in Thüringen vor einiger Zeit bei den Freien Wählern durchaus Gedankenspiele gegeben, durch die Zusammenarbeit oder sogar das Verschmelzen mit anderen kleinen Parteien den Einzug in den Landtag im Jahr 2024 leichter zu meistern. „Die Bundesvereinigung der Freien Wähler sprach sich entschieden gegen derartige Überlegungen aus. Ausschlaggebend in dieser Sache waren jedoch Gespräche unserer Vorstandsmitglieder in den bestehenden Kreisvereinigungen in Thüringen. Hier lehnte eine überwältigende Mehrheit solche Überlegungen ab. Somit hat unsere Basis entschieden, dass es kein Zusammengehen mit anderen Parteien geben soll und die Freien Wähler Thüringen als eigenständige Kraft zur Landtags- und weiteren Wahlen antreten sollten“, erklärt Mathias Nicolai den tatsächlichen Sachverhalt.

Diese Entscheidung gelte es zu repräsentieren und korrekt zu kommunizieren. „Von Freien Wählern oder Mitgliedern eines sogenannten in Gründung befindlichen Vereins Freie Wähler Thüringen, die sich am 21. Oktober 2023 in Erfurt gemeinsam mit Repräsentanten des Vereins Bürger für Thüringen, der Partei Die Basis und der Werteunion der CDU zu einer Zukunftskonferenz trafen, müssen wir uns in aller Entschiedenheit distanzieren. Ein Kandidieren für den Thüringer Landtag auf einer Liste der Bürger für Thüringen kommt für uns Freie Wähler Thüringen nicht in Frage. Wer dieses Vorhaben unter dem Deckmantel des guten Namens Freie Wähler Thüringen betreibt, hat bei uns nichts zu suchen.“

Der zu den Initiatoren einer solchen Zusammenarbeit gehörende einstige Vorsitzende der Freien Wähler Thüringen, Uwe Rückert, sei inzwischen auch als Mitglied aus der Partei ausgetreten, informiert Nicolai. Zudem laufe derzeit über den Bundesvorstand der Freien Wähler unter anderem eine Unterlassungsklage gegen die Gründung eines angeblichen Vereins Freie Wähler Thüringen. „Nach unserer Rechtsauffassung wurde dieser Vereinsname in diesem Fall widerrechtlich verwendet.“

Ab sofort richte man laut Mathias Nicolai den Blick ausschließlich nach vorn: „Für uns kommt es jetzt darauf an, unsere Strukturen weiterzuentwickeln und in Regionen, wo dies noch nicht geschehen ist, Kreisorganisationen zu gründen. Viele, vor allem ehrenamtliche Amtsträger der Freien Wähler, berichten uns, dass sich Probleme in den Städten, Gemeinden, Kreisen zumeist nicht auf kommunaler Ebene lösen lassen. Deshalb ist es wichtig, dass die Themen der Freien Wähler vor Ort auf Landes-, Bundes- oder europäischer Ebene diskutiert und Lösungen zugeführt werden. Es geht darum, endlich eine Lobby für die kommunalen Probleme zu schaffen. Deshalb werden die Freien Wähler auch als Partei unbedingt gebraucht. Und dafür müssen wir noch jede Menge Überzeugungsarbeit leisten.“

„Verlust eines offenen Meinungsstreits“

Marion Schneider, Vorstandsmitglied der Freien Wähler Thüringen, stand in einer Sendung auf dem Youtube-Kanal „Moats auf Deutsch“ Rede und Antwort.
Screenshot: Youtube

Marion Schneider, Vorstandsmitglied der Freien Wähler Thüringen, äußerte sich in einem Interview auf dem von Diether Dehm betriebenen Youtube-Kanal „Moats auf Deutsch“ zur Stimmungslage im Freistaat.

17.07.2023: Es sagt viel über den Zustand und die Stimmung in unserer Gesellschaft und in unserem Land, wenn eine Partei, die es noch gar nicht gibt, bei ihrer ersten Wahl in Thüringen auf Anhieb die meisten Stimmen auf sich vereinen würde. Am 13. Juni 2023 veröffentlichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe in Thüringen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zum Thema „Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre?“. Demnach würde eine von Sahra Wagenknecht geführte neue Partei stärkste Kraft im Freistaat sein. Die bisherige Partei Die Linke und die CDU würden gegenüber den derzeitigen Trends dadurch jeweils vier Prozent einbüßen, die AfD gar zehn Prozent verlieren.

Das ließ deutschlandweit aufhorchen und veranlasste den von Diether Dehm betriebenen Youtube-Kanal „Moats auf Deutsch“ am 16. Juli zu einer Sendung unter dem Titel „Sahra in Thüringen: Gegen Linke und AfD?“, zu der die Auerstedter Unternehmerin, Autorin und Freie Wähler Thüringen-Vorstandsmitglied Marion Schneider als Gesprächspartnerin eingeladen war.

„Aus meiner Sicht hoffen viele Menschen auf Sahra Wagenknecht, weil sie sehr wichtige Positionen vertritt.  Eine große Mehrheit der Thüringer will nach meiner Erfahrung keinen Krieg und schnellstmöglich Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland.

So war es für viele Thüringer auch enttäuschend, dass unser Ministerpräsident Bodo Ramelow Waffenlieferungen in die Ukraine für angemessen hält“, erklärte Marion Schneider.

In ihrem Interview brachte sie auch zum Ausdruck, dass der Verlust eines offenen Meinungsstreits das Schlimmste sei, was uns passiert sei. Vielfach dürfe man abweichende Meinungen nicht mehr äußern, wenn man nicht mit negativen Konsequenzen rechnen wolle.

Die Befragte machte klar, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzusehen sei, ob Sarah Wagenknecht überhaupt eine Partei gründen werde oder könne. Dies werde sich zum Jahresende klarer zeigen. Aber die Themen, die sie anspreche, seien von höchster Wichtigkeit, und die Ergebnisse der Meinungsumfrage ließen nachdenken.

Weitere Themen in dem Gespräch beschäftigten sich mit der lähmenden Bürokratie und der bedenklichen wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land. Was braucht der Mittelstand? Und auch damit, ob es gelingen kann, dass sich in Thüringen kleine Parteien, zu denen die Freien Wähler Thüringen gehören, zusammenschließen, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden.

Jörg Schuster

Das Gespräch mit Marion Schneider ist bei YouTube abrufbar.

Profilierung

Die politische Stagnation im Freistaat könnte für frische, unverbrauchte Kräfte bislang ungeahnte Möglichkeiten eröffnen: Die Freien Wähler Thüringen wollen sich gegen die Arroganz der Macht mit Bürgernähe und kommunalpolitischer Erfahrung profilieren. Der erweiterte Parteivorstand traf sich am 10. und 11. Juni 2023 zu einer Programmklausurtagung.

29.06.2023: Was tun, wenn selbst das gemeinsame Mobilmachen gegen einen Bewerber von der AfD für den Rest der in unseren Parlamenten vertretenen und mitunter regierenden Parteien nicht mehr für eine Mehrheit in der Wählerschaft ausreicht? Eigentlich ganz einfach: Die da derzeit noch an den Hebeln der Macht in Berlin und Erfurt Sitzenden könnten endlich ihren Kurs ändern, Politik für und mit dem Volk gestalten, unter Beweis stellen, dass man das Vertrauen der Menschen ehrlich zurückgewinnen möchte. Denn die Wähler haben mit ihrem Votum im zweitkleinsten Landkreis Deutschlands zuallererst der aktuellen Politik eine Abfuhr und Lektion erteilt.

Stattdessen wird die historische Klatsche von Sonneberg, bei der ein AfD-Bewerber zum Landrat gewählt wurde, kleingeredet, weil ja ein Mann in einem solchen Amt ohnehin nicht viel zu entscheiden habe. Und es wird weiterregiert, als wenn nichts gewesen wäre: Der Bundestag in Berlin verabschiedet ein Heizungsgesetz, mit dem Millionen Häuser in Deutschland in Zukunft entwertet, ja die Besitzer kalt enteignet werden.

Und die Minderheitsregierung in Thüringen, die eigentlich nach der Landtagswahl 2019 hoch und heilig versprochen hatte, nur schnell einen Haushalt auf die Beine zu stellen und dann zurückzutreten und für Neuwahlen zu sorgen, denkt nach wie vor nicht daran, auf ihre sehr gut bezahlten Posten zu verzichten. Derzeit geht das Geschacher zwischen Minderheitsregierung und der Kleinpartei CDU um einen künftigen Haushalt wieder von vorne los.

Die politische Stagnation im Land könnte auch für frische, unverbrauchte Kräfte bislang ungeahnte Möglichkeiten eröffnen: Die Freien Wähler Thüringen wollen sich gegen die Arroganz der Macht mit Bürgernähe und kommunalpolitischer Erfahrung profilieren. Den Einzug in den nächsten Thüringer Landtag und eine Regierungsbeteiligung erklärten die Mitglieder des erweiterten Parteivorstandes im Ergebnis ihrer Klausurtagung am 10. und 11. Juni 2023 in Schmölln durchaus selbstbewusst als Ziel.

Der Termin für die Wahl des Thüringer Landtages 2024 sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt anberaumt werden, lautet die Forderung. Konkret schlagen die Freien Wähler dafür den Mai des kommenden Jahres vor. Es gelte somit, die chaotische Politik der nur noch Stillstand verwaltenden Minderheitsregierung im Freistaat zu beenden.

Die Ergebnisse der Programmklausurtagung sollen am 1. Juli 2023 auf einem als öffentliche Mitgliederversammlung vorgesehenen Parteitag der Freien Wähler Thüringen in Ilmenau diskutiert und somit das Landeswahlprogramm der Partei überarbeitet werden.

Ihre wesentlichen Forderungen bringen die Freien Wähler seit einigen Tagen in sozialen Netzwerken und bei weiteren Gelegenheiten mit pfiffigen und provokanten Motiven zum Ausdruck. Beispiele dafür sind: „Schluss mit Stillstand“, „Landtag verschlanken“, „Unzufrieden mit der Landespolitik?“ oder „Schluss mit Vetternwirtschaft“.

Jörg Schuster

Mit verschiedenen Motiven machen die Freien Wähler Thüringen in sozialen Netzwerken auf wichtige programmatische Ziele aufmerksam.
Grafiken (4): FWT-Archiv

Schluss mit Stillstand

Die Landtagswahl 2024 soll im Mai stattfinden. Das schlagen die Freien Wähler Thüringen vor. Auf einer Klausurtagung in Schmölln diskutierten und formulierten Mitglieder des erweiterten Landesvorstandes den Entwurf für ein künftiges Wahlprogramm der Partei.

24.06.2023: Der Termin für die Wahl des Thüringer Landtages 2024 sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt anberaumt werden. Das fordern die Freien Wähler Thüringen im Ergebnis ihrer jüngsten Klausurtagung am 10. und 11. Juni 2023 in Schmölln. Konkret schlagen die Mitglieder des erweiterten Parteivorstandes dafür den Mai des kommenden Jahres vor. Es gelte somit, die chaotische Politik der nur noch Stillstand verwaltenden Minderheitsregierung im Freistaat zu beenden. Den Einzug der Freien Wähler Thüringen in den nächsten Thüringer Landtag und eine Regierungsbeteiligung erklärten die Teilnehmer der Veranstaltung als Ziel.

„Mit der ausufernden Vetternwirtschaft unter der rot-rot-grünen Landesregierung muss endlich Schluss sein!“ Das stellte Uwe Rückert, der Vorsitzende der Freien Wähler Thüringen, fest. Die Landesverwaltung müsse unbedingt entpolitisiert, das Beamtenrecht bei Personalentscheidungen konsequent angewendet und Mitarbeitereinstellungen sollten grundsätzlich nach der Bestenauswahl und nicht nach Parteibuch getroffen werden.

Darüber hinaus machen sich die Freien Wähler für eine unbedingt technologieoffene Energiepolitik stark. Dem fanatischen und ideologisch geprägten grünen Klimaaktivismus setzen die Freien Wähler nach Auskunft ihres Vorsitzenden eine von Vernunft getragene und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Politik entgegen. Es komme darauf an, die Demokratie zu stärken und mehr Teilhabe an demokratischen Prozessen zu ermöglichen, sagte der Parteichef. „Wir wollen die gesetzliche Möglichkeit schaffen, dass das, was auf kommunaler Ebene für die Bürger möglich ist, nämlich einen Bürgermeister abzuwählen, auch für den Landtag gilt. Wenn Menschen ein Parlament wählen dürfen, sollte es ihnen auch erlaubt sein, dieses vorzeitig abzuwählen, wenn sie mit der Arbeit der Regierung absolut nicht einverstanden sind. In Bayern zum Beispiel ist dies gesetzlich geregelt. In der Thüringer Landesverfassung leider nicht. Und das wollen wir ändern.“

Weiterhin kommt es für die Freien Wähler Thüringen darauf an, Bildung neu zu denken und die Kommunalfinanzen zu stabilisieren. Letzteres könne unter anderem dadurch erreicht werden, indem die aufgebauschte Landesverwaltung abgespeckt werde. Obwohl die Digitalisierung zur Vereinfachung von Verwaltungsprozessen und zur Entschlackung von Behörden führen müsste, sei das Gegenteil der Fall, kritisierte Uwe Rückert. Er forderte außerdem, den Landtag zu verschlanken. Eine Reduzierung von derzeit 90 auf 60 Abgeordnete hält er für angemessen. Gleichzeitig besteht er darauf, die Landtagsverwaltung entsprechend abzubauen.

Die Ergebnisse der Programmklausurtagung sollen am 1. Juli 2023 auf einem als öffentliche Mitgliederversammlung vorgesehenen Parteitag der Freien Wähler Thüringen in Ilmenau diskutiert und somit das Landeswahlprogramm der Partei überarbeitet werden.